Weltraumschrott, ein wachsendes Problem für die Sicherheit von Satelliten und die Durchführbarkeit von Raumfahrtmissionen, könnte dank innovativer Lösungen bald deutlich reduziert werden. Die FOTEC Forschungs- und Technologietransfer GmbH, das Forschungsunternehmen der Fachhochschule Wiener Neustadt, spielt eine wichtige Rolle in einem revolutionären Projekt zur Beseitigung von Weltraumschrott.
Seit geraumer Zeit schlagen Weltraumexpertinnen und -experten Alarm wegen des Risikos eines Totalausfalls aller Satelliten, ausgelöst durch eine Kettenreaktion bekannt als der Kessler-Effekt. Die Kollision von Weltraumschrott mit Satelliten erzeugt neuen Weltraumschrott, was wiederum den Betrieb von Satelliten und damit lebenswichtige Dienste wie Internet, Fernsehen, Telefonie und Navigationssysteme gefährden kann. In Reaktion darauf hat die Europäische Weltraumorganisation ESA einen Wettbewerb für kreative Lösungen zur Beseitigung dieses Schrotts ausgeschrieben.
Spezial-Satellit mit Greifarmen
Eine Gruppe Schweizer Professoren der EPFL in Lausanne schlug vor, einen Spezial-Satelliten mit Greifarmen zu bauen, um den Weltraumschrott einzufangen und Richtung Erde zu beschleunigen. Zur Umsetzung dieser visionären Idee wurde das StartUp ClearSpace gegründet, das nun mit Unterstützung der ESA und einem Team von etwa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern daran arbeitet, diesen Satelliten zu realisieren. Ein entscheidender Aspekt des Projekts sind die langen, beweglichen Greifarme des Bergungssatelliten, deren Funktionstüchtigkeit unter extremen Bedingungen im Weltraum gewährleistet sein muss. Hier kommt die Expertise der FOTEC Forschungs- und Technologietransfer GmbH ins Spiel.
Mit ihrer langjährigen Erfahrung in Raumfahrttechnologien hat sich das Forschungsunternehmen der FHWN als unverzichtbarer Partner für die Realisierung dieses Projekts erwiesen. Die größte Herausforderung bestand darin, die extremen Temperaturschwankungen des Weltraums in einer Vakuumkammer auf der Erde zu simulieren. Die FOTEC hat es geschafft, erfolgreich eine solche Testumgebung herzustellen, in der die Greifarme unter realistischen Bedingungen getestet werden konnten.
Intensive Tests in Vakuumkammer
„In einer unserer begehbaren Vakuumkammern, die wirklich groß ist – ganze 14 Kubikmeter – haben wir in kürzester Zeit eine präzise steuerbare Kühlanlage und Heizung installiert, die Temperaturen von minus 150 Grad bis plus 150 Grad Celsius erreichen kann. Das ClearSpace-Team brachte den Greifarm zu uns, und nach einem Tag des Aufbaus unterzogen wir ihn vier Wochen lang einem intensiven Temperaturwechseltest, von kalt zu warm und wieder zurück“, erklärt Werner Engel, Projektleiter der FOTEC.
Sébastien von Rohr, Projektleiter bei ClearSpace, äußerte sich ebenso positiv über die Kooperation: „Die Zusammenarbeit mit der FOTEC verlief absolut reibungslos. In der Vakuumkammer bewegte sich der Greifarm, als befände er sich im Weltraum, und wir konnten dabei große Mengen an Messdaten aufzeichnen, die unsere erfolgreiche Arbeit bestätigen.“
FOTEC hofft auf weitere Kooperationen
An dem innovativen Projekt zur Verringerung von Weltraumschrott haben sich insgesamt neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FOTEC beteiligt. Ihr Beitrag unterstreicht die fachliche Expertise und das hohe Engagement des Teams der Fachhochschule Wiener Neustadt. Von Seiten der FOTEC blickt man mit Optimismus in die Zukunft und hofft auf eine Fortsetzung und Vertiefung der Zusammenarbeit mit ClearSpace und der Europäischen Weltraumorganisation ESA.
ClearSpace, ein 2018 gegründetes Unternehmen für In-Orbit-Services (IOS), hat sich zum Ziel gesetzt, die Durchführung von Weltraummissionen zu revolutionieren. ClearSpace entwickelt sich zu einem globalen Unternehmen mit dynamischen Ingenieurteams in der Schweiz, Großbritannien, Deutschland, Luxemburg und in den Vereinigten Staaten. ClearSpace entwickelt die Technologien, die eine breite Palette von IOS-Anwendungen ermöglichen, von der Entsorgung und dem Transport in der Umlaufbahn bis hin zu Inspektion, Montage, Herstellung, Reparatur und Recycling. ClearSpace möchte sowohl Institutionen als auch kommerzielle Betreiber dabei unterstützen, den nachhaltigen Weltraumbetrieb zu verbessern und eine Kreislaufwirtschaft im Weltraum zu fördern.