
Mit dem Projekt „Care about Care“ hat die Europäische Union (EU) auf die wachsenden Herausforderungen in der häuslichen Pflege reagiert. Der steigende Bedarf durch eine alternde Bevölkerung und der zunehmende Personalmangel erfordern neue Lösungen. In diesem Kontext wurde von der FHWN das digitale Fernunterstützungssystem Remote Care Assist (RCA) entwickelt, das Pflegekräfte durch den Einsatz moderner Technologien gezielt unterstützen und entlasten soll.
In Europa befinden wir uns in einer tiefgreifenden demografischen Veränderung: Die Bevölkerung wird älter, chronische Erkrankungen nehmen zu, und der Bedarf an häuslicher Pflege steigt rapide. Gleichzeitig fehlen in vielen Regionen qualifizierte Pflegekräfte, und die Belastung für bestehendes Personal wächst. Um diese Herausforderungen abzufedern und die Qualität der Versorgung auch in Zukunft sicherzustellen, braucht es innovative, praxisnahe Lösungen – wie das europäische Projekt „Care about care“. Moderne Technologien sollen dabei helfen, die häusliche Pflege zu revolutionieren und dabei den Mangel an qualifizierten Fachkräften vor Ort zu kompensieren.
Webbasiertes Care Expert Center
An der FH Wiener Neustadt wurde ein webbasiertes Care Expert Center entwickelt, über das Pflegeexpertinnen und -experten Pflegeassistentinnen und Heimhilfen in den Haushalten der Kundinnen mobiler Pflege aus der Ferne beraten können. Dazu wurden zwei Anwendungen entwickelt: Eine Mixed-Reality-App für die Microsoft HoloLens 2 sowie eine Smartphone-App, die beide eine audiovisuelle Unterstützung direkt vor Ort ermöglichen.
„Unser Ziel war es, die Akzeptanz, den Nutzen sowie mögliche Hürden und Einsatzszenarien der Technologien in der Praxis zu erproben“, erzählt Projektleiterin Cornelia Schneider.
Die Tests wurden in Österreich und Luxemburg unter realen Bedingungen durchgeführt – dabei wurde gemeinsam mit dem Forschungsinstitut für Altersökonomie der WU Wien ein methodisch vielfältiger Ansatz verfolgt.
Technische und organisatorische Hürden
Die Ergebnisse zeigen ein klares Potenzial des RCA-Systems. Besonders bei der Wundversorgung konnten Expertinnen und Experten fundierte Einschätzungen abgeben, ohne vor Ort sein zu müssen. Pflegekräfte schätzten die Möglichkeit zur unmittelbaren Rücksprache und die freihändige Arbeitsweise mit der HoloLens. Auch Übergaben zwischen Kolleginnen und Kollegen wurden durch die Technologie erleichtert.
Gleichzeitig traten technische und organisatorische Schwierigkeiten zutage. Die HoloLens wurde von manchen als schwer und unbequem empfunden, insbesondere von Brillenträgerinnen und Brillenträgern oder bei hohen Temperaturen. Schlechte Internetverbindungen führten zu unterbrochenen Videoverbindungen und beeinträchtigter Bildqualität. Auch die unregelmäßige Verfügbarkeit von Expertinnen und Experten stellte eine Hürde dar. Hinzu kam bei einigen Personen mit Pflegebedarf zu Beginn Unsicherheit oder Unwohlsein was den Einsatz neuer Technologien betrifft.
„Die Analyse zeigte, dass das System vor allem in Bereichen mit hohem visuellem Informationsbedarf – wie bei Wunddokumentation oder Medikationsfragen – sinnvoll eingesetzt werden kann. Weniger geeignet ist es bei Aufgaben ohne visuellen Mehrwert oder bei Patientinnen und Patienten mit kognitiven Einschränkungen“, erklärt Schneider.
Weiterentwicklung im Feld
Für eine erfolgreiche Weiterentwicklung empfiehlt das Projektteam leichtere und nutzerfreundlichere Geräte, stabilere Internetverbindungen sowie klare organisatorische Strukturen mit festen Expertenteams. Auch gezielte Schulungen und klar definierte Anwendungsfälle sind notwendig, um die Akzeptanz bei Pflegekräften und Betroffenen zu erhöhen. Zukünftige Tests sollten möglichst unabhängig von Projektteams durchgeführt werden, um realistische Alltagsszenarien besser abbilden zu können.
„Das Remote Care Assist-System ist ein vielversprechender Ansatz, um digitale Technologien sinnvoll in der häuslichen Pflege zu integrieren. In ausgewählten Szenarien kann es die Qualität der Versorgung verbessern und das Pflegepersonal nachhaltig entlasten. Für eine breite Einführung sind jedoch technische Verbesserungen, organisatorische Anpassungen und eine weiterhin starke Nutzerorientierung entscheidend“, so Schneider abschließend.