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Die 15 größten Städte Österreichs sind deutlich stärker versiegelt als gedacht, wie aus einer neuen WWF-Analyse hervorgeht. Laut einer aktuellen Auswertung von Satellitendaten liegt die dort versiegelte Fläche derzeit bei rund 37.000 Hektar und damit um fast 35 Prozent höher als auf Basis der bisherigen Methodik angenommen.
Negativer Spitzenreiter in der Gruppe der untersuchten 15 größten Städte ist St. Pölten mit einer versiegelten Fläche von 308 Quadratmetern pro Kopf – gefolgt von Wiener Neustadt, Villach, Wels und Klagenfurt.
Nur St. Pölten ist stärker versiegelt
Unter den 15 größten Städten ist Niederösterreichs Landeshauptstadt St. Pölten jene mit der größten Bodenversiegelung pro Einwohner:in (308 Quadratmeter pro Kopf). “Bei den Verkehrs- und Bauflächen ist St. Pölten der Versiegelungs-Spitzenreiter unter den großen Städten. Alleine für Straßen sind rund 105 Quadratmeter pro Kopf zubetoniert oder asphaltiert”, erklärt WWF-Experte Simon Pories. “Daher wäre auch der Bau der Traisental-Schnellstraße sowie neuer großer Logistiklager ein fatales Signal”, sagt Pories.
Auf dem zweiten Platz folgt Wiener Neustadt mit einer versiegelten Fläche von rund 257 Quadratmetern pro Kopf. “Wiener Neustadt ist jene Stadt mit den meisten versiegelten Betriebsflächen pro Kopf – rund 62 Quadratmeter sind hier für Gewerbegebiete, Fachmärkte und dazugehörige Parkplätze zubetoniert und asphaltiert. Mit der geplanten Ostumfahrung und neuen Betriebsgebieten würde dieser schon jetzt dramatisch hohe Wert weiter steigen”, kritisiert Pories. Auf den Plätzen drei bis fünf folgen mit Villach (236 m² pro Kopf), Wels (225 m²) und Klagenfurt (221 m²).
Bodenversiegelung pro Kopf
Rangliste der 15 größten Städte Österreichs:
- St. Pölten – 308 m²/Kopf
- Wiener Neustadt – 257 m²/Kopf
- Villach – 236 m²/Kopf
- Wels – 225 m²/Kopf
- Klagenfurt – 221 m²/Kopf
- Steyr – 199 m²/Kopf
- Leonding – 185 m²/Kopf
- Dornbirn – 182 m²/Kopf
- Feldkirch – 171 m²/Kopf
- Linz – 154 m²/Kopf
- Salzburg – 135 m²/Kopf
- Graz – 130 m²/Kopf
- Bregenz – 118 m²/Kopf
- Innsbruck – 107 m²/Kopf
- Wien – 79 m²/Kopf
“Die vielen Asphaltwüsten werden speziell im Sommer immer stärker zum Risiko für unsere Gesundheit und Lebensqualität. Daher muss die Politik dringend gegensteuern. Neben vorbeugendem Bodenschutz braucht es groß angelegte Entsiegelungs- und Begrünungsprogramme in den Städten”, sagt WWF-Bodenschutz-Sprecher Simon Pories. Bisher beruhte die Ermittlung der Bodenversiegelung auf generellen Hochrechnungen und Einheitswerten für ganz Österreich. Die Werte der neuen Methodik basieren hingegen auf quadratmetergenauen Satellitendaten und erfassen somit alle Flächen präziser. “Der Handlungsbedarf ist größer als vermutet und wird sich aufgrund der Klimakrise weiter erhöhen. Denn gerade stark versiegelte Flächen führen zu Hitzeinseln, die sich auch in der Nacht nicht mehr ausreichend abkühlen”, warnt Simon Pories vom WWF.
WWF fordert Bodenschutz-Offensive von der Politik
In Österreich ist mittlerweile eine Fläche von fast 3.000 Quadratkilometern komplett versiegelt – das entspricht der gesamten Fläche von Vorarlberg und Wien zusammen. Fast die Hälfte davon besteht aus Straßen oder Parkplätzen. “Überbreite Straßen und Parkplätze, etwa in Gewerbeparks oder im öffentlichen Raum, sollten schrittweise umgebaut und entsiegelt werden. Zudem muss die Politik die EU-Renaturierungsverordnung ambitioniert umsetzen, damit es auch in den Städten mehr Grünräume gibt”, sagt Simon Pories. Der WWF fordert darüber hinaus die Verankerung eines ambitionierten österreichweiten Bodenschutz-Pakets im künftigen Regierungsprogramm.
Die angewandte Methodik
Die WWF-Berechnungen basieren auf der neuen, offiziellen Berechnungsmethode für Flächeninanspruchnahme und Bodenversiegelung des Umweltbundesamtes im Auftrag der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK). Dabei wurden GIS-Daten sowie erstmals quadratmetergenaue Satellitendaten einbezogen. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) der in Anspruch genommenen (“verbrauchten”) Böden ist demnach versiegelt. Als versiegelt gilt ein Boden dann, wenn er vollständig mit einer wasser- und luftundurchlässigen Schicht bedeckt ist. Aufgrund der höheren Bevölkerungsdichte haben Städte tendenziell zwar pro Kopf einen geringeren Bodenverbrauch als ländliche Gegenden. Der Versiegelungsgrad an der Gesamtfläche ist allerdings meist höher und es gibt oft sehr große zusammenhängende versiegelte Flächen.