Die geplante Ostumfahrung Wiener Neustadt ist seit Jahren hochumstritten. Mit dem einfachen Slogan “befragen statt betonieren” geben jetzt zwei Wiener Neustädterinnen den Startschuss für eine Volksbefragung.
“Es geht nicht mehr, dass ein Projekt mit dermaßen weitreichenden Folgen für uns und die nächsten Generationen von oben herab durchgeboxt wird. Die Menschen müssen eingebunden werden. Noch ist es nicht zu spät. Wir starten daher eine Initiative für eine Volksbefragung über die Ostumfahrung”, so die beiden Wiener Neustädterinnen Sophie Gatschnegg (22) und Lina Koppensteiner (19).
Vom Initiativantrag über den Gemeinderat zur Volksbefragung
Die Studentinnen nutzen dafür ein Instrument der direkten Demokratie, das Initiativrecht § 6 NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetz. In Wiener Neustadt sind rund 500 Wahlberechtigte nötig, damit der Antrag im Gemeinderat behandelt wird. Sophie Gatschnegg: „Wir sind sicher, dass wir das auch ohne Partei und Riesenbudget schaffen werden. Immer mehr Menschen haben den extremen Flächenfraß in Wiener Neustadt satt. Noch dazu, wenn es auf Kosten wertvollster Ackerflächen und eines Natura2000-Auwaldes geht.“ Lina Koppensteiner ergänzt: „Die ersten Ideen zu dem Projekt stammen aus den 1950ern, es wurde nie eine zeitgemäße Alternative geprüft und Boden- und Klimaschutz spielten bei der Umweltverträglichkeits-prüfung zur Ostumfahrung keine Rolle.“
Volksbefragung über Landesprojekt rechtlich möglich
Den Initiatorinnen ist klar: Die „Ostumfahrung Wiener Neustadt“ ist formal ein Projekt des Landes NÖ. Aber Wiener Neustadts Bevölkerung ist massiv betroffen und die Stadtpolitiker politisch involviert, nicht zuletzt mit Millionenbeträgen aus der Stadtkassa. Das Land NÖ verweist bei Anfragen stets auf Wiener Neustadt. In der Stadt Lustenau hat der Gemeinderat eine Volksbefragung zu einem ASFINAG-Straßenprojekt des Bundes auf den Weg gebracht – und 77 % der Bevölkerung stimmten dagegen. Eine gemeindeweite Volksbefragung in Wiener Neustadt läge klar im Wirkungsbereich der Stadt, ebenso die Aufforderung an das Land NÖ, die Bauarbeiten, Rodungen und Enteignungen bis zur Volksbefragung auszusetzen, sind sich die Initiatoren einig.
Kaum nachhaltige Bodennutzung in Österreich
Österreich ist laut Hagelversicherung „Europameister“ im Bodenverbrauch. Die Bevölkerung ist laut einer repräsentativen Market-Studie mit 1.000 Befragten zu 82 % der Meinung, dass die Politik nicht genug gegen den Bodenverbrauch unternimmt. Laut Amt für Eich- und Vermessungswesen hat Wiener Neustadt den höchsten Bodenverbrauch Österreichs. Nach einer aktuellen Umfrage der NÖN sind über 80 % der Stadt-Bevölkerung für strengere Gesetze beim Bodenschutz. Die Ostumfahrung hat laut Bundesverwaltungsgericht die „bessere Erschließbarkeit von Gewerbegebieten als Hauptziel“ und ist wohl nicht im Interesse der Bevölkerung.
Wenn sich das bei einer fairen Volksbefragung bestätigt, dann vertrauen die beiden Initiatorinnen darauf, dass das Wort von Bürgermeister Klaus Schneeberger immer noch Gewicht hat und er das Land NÖ zu einem Baustopp bewegen kann. Immerhin war Klaus Schneeberger (73) 23 Jahre lang VP-Klubobmann im NÖ Landtag.